Rumänien: Präsidenten-Stichwahl könnte Land von pro-europäischem Kurs abbringen
(AFP) Rumänien steht eine womöglich richtungsweisende Wahl bevor: In dem südosteuropäischen Mitgliedsstaat von EU und Nato mit rund 19 Millionen Einwohnern entscheiden die Menschen am Sonntag in einer Stichwahl, wer der nächste Präsident wird. Um die Nachfolge des scheidenden Staatsoberhaupts Klaus Iohannis sind zwei Kandidaten im Rennen, mit denen im Vorfeld wenige gerechnet hatten: die Mitte-Rechts-Politikerin Elena Lasconi und der russlandfreundliche Rechtsradikale Calin Georgescu.
Sollte Georgescu gewinnen, stünde künftig ein Mann an der Spitze Rumäniens, der sich gegen jede Militärhilfe für die benachbarte Ukraine ausgesprochen hat, sich als großer Fan des designierten US-Präsidenten Donald Trump bezeichnet - und als Bewunderer des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt.
Bislang ist Rumänien eines der wichtigsten Unterstützer der Ukraine, mit der es eine 650 Kilometer lange Grenze teilt.
2022 reiste Staatschef Iohannis gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem damaligen italienischen Regierungschef Mario Draghi im Zug nach Kiew. Sollte Georgescu gewinnen, könnte er eine Kehrtwende einleiten.
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 24. November hatten 22,94 Prozent der Wähler für Georgescu gestimmt, 19,18 Prozent für Lasconi.
Den Einzug in die Stichwahl verfehlte dagegen Marcel Ciolacu, der als amtierender Regierungschef ins Rennen gegangen war und auf Grundlage der Umfragen als klarer Favorit gegolten hatte. Ciolacus Sozialdemokratische Partei hat die rumänische Politik in den vergangenen 30 Jahren dominiert, ihre Regierungsjahre waren aber von mehreren Korruptionsskandalen überschattet.
Der Präsident der rumänischen Republik hat in erster Linie protokollarische Aufgaben.
Er gilt aber im Land als moralische Autorität - und hat Einfluss auf die Außenpolitik. Außerdem kommt ihm eine Schlüsselrolle bei der Bildung neuer Regierungen zu.
Das ist umso wichtiger, da die Machtverhältnisse nach den Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende unklar sind. Die Sozialdemokraten sind zwar die stärkste Kraft im Parlament, aber die extreme Rechte hat ein Drittel der Stimmen erhalten.
Am Mittwochabend veröffentlichten vier EU-freundliche Parteien, die zusammen rechnerisch eine absolute Mehrheit im Parlament hätten, einen gemeinsamen Aufruf.
Sie vereinbarten die Bildung einer zukünftigen Regierung "der nationalen Einheit" und riefen die Bürger dazu auf, am kommenden Sonntag "Isolationismus, Extremismus und Populismus" abzulehnen.
Georgescus Erfolg in der ersten Runde der Wahl um das höchste Staatsamt war für Beobachter eine riesige Überraschung.
Es ist des spektakulärste politische Aufstieg im Land seit dem Fall der kommunistischen Herrschaft unter Diktator Nicolae Ceasescu im Jahr 1989.
Ein großer Teil der Bevölkerung ist 35 Jahre später wütend über die schwierige wirtschaftliche Lage im Land, der Krieg im Nachbarland Ukraine verunsichert viele, die Vertreter der etablierten Parteien werden als abgehoben wahrgenommen.
Dabei war der diplomierte Agrarwissenschaftler Georgescu selbst lange Teil des rumänischen Politikbetriebs.
Seine Karriere begann er 1992 als Mitarbeiter des rumänischen Umweltministeriums, später wechselte er ins Außenministerium. Um das Jahr 2010 herum wurde er als möglicher kommender Regierungschef gehandelt.
Richtig in Fahrt kam seine Karriere rund zehn Jahre später: Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie verbreitete er eifrig Verschwörungstheorien.
Zeitweise stand Georgescu der rechtsnationalistischen Partei AUR nahe, entfremdete sich nach umstrittenen Äußerungen jedoch von ihr. So äußerte er sich beispielsweise lobend über den faschistischen Diktator Ion Antonescu oder den judenfeindlichen faschistischen Politiker Corneliu Codreanu.
Immer wieder kritisiert Georgescu die Nato, seiner Ansicht nach eine "schwache Organisation".
Das im rumänischen Deveselu stationierte Raketenabwehrsystem der Nato ist ihm ein Dorn im Auge. Militärhilfen für die Ukraine lehnt er ab und betont, Rumänien dürfe nicht "in einen Krieg hineingezogen werden, der nicht unser Krieg ist".
Georgescu profitierte bei der Präsidentschaftswahl von einer großen Reichweite seiner Wahlkampagne im Videonetzwerk Tiktok - die rumänischen Behörden verdächtig erscheint.
Das Präsidialamt warf dem Unternehmen vor, dem Kandidaten eine "bevorzugte Behandlung" gewährt zu haben. Der rumänische Verteidigungsrat habe zudem "ein wachsendes Interesse" Russlands festgestellt, Einfluss auf die öffentliche Meinung in Rumänien zu nehmen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wertete die Berichte über "russische Desinformation" als Beleg dafür, dass der russische Präsident Putin EU und Nato spalten wolle.
Tiktok wies die Vorwürfe als "Spekulationen und falsche Berichte" zurück.
Der 62-jährige Georgescu liegt in Umfragen vor der Wahl vorne, 58 Prozent der Wähler würden sich demnach für ihn entscheiden - nur 42 Prozent für seine Rivalin Lasconi.
Die 52-jährige Lasconi ist Bürgermeisterin einer kleinen Stadt, landesweit war sie vor der Wahl kaum bekannt.
Die nun anstehende Stichwahl bezeichnete sie als "existenziellen Kampf" und "historische Konfrontation" zwischen denen, die "die junge Demokratie Rumäniens bewahren" wollen, und denen, die eine Rückkehr "in den russischen Einflussbereich" wollen. Im Vorfeld der Wahl hielt Lasconi außerdem in einem Kloster ein Gebet für die Demokratie ab.
se/bfi
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