(AFP) Nachdem Donald Trump 2023 in vier Strafverfahren angeklagt worden war, sahen nicht wenige den New Yorker Immobilienmilliardär schon mit einem Bein im Gefängnis. Stattdessen gelang es ihm, mit Hilfe seiner Anwälte und dem Rückenwind des Obersten Gerichtshofes jedes dieser Verfahren durch Eingaben erfolgreich anzufechten und deren Fortgang so lange zu verzögern, bis es für die Anklage zu spät war.
Mit seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl am 5. November und seinem Comeback ins Weiße Haus gerieten die Ankläger endgültig in die Defensive, da die US-Bundesjustiz amtierende Präsidenten nicht strafrechtlich verfolgt.
Drei der vier Verfahren sind nunmehr eingestellt oder liegen auf Eis.
Allein im New Yorker Schweigegeldprozess wird am Freitag (9.30 Uhr Ortszeit, 15.30 Uhr MEZ) das Strafmaß bekannt gegeben. Auch wenn der Fall ohne Haft-, Geld- oder Bewährungsstrafe abgeschlossen wird, dürften das historische Urteil der New Yorker Geschworenen vom Mai und die juristische Schuld Trumps bestätigt werden - er würde somit als erster verurteilter Straftäter in der US-Geschichte ins Weiße Haus einziehen.
Verfahren wegen Wahlmanipulation und Erstürmung des Kapitols
Nach dem Wahlsieg Trumps sah sich der Sonderermittler Jack Smith gezwungen, dieses Verfahren, in dem die gravierendsten Vorwürfe gegen Trump erhoben wurden, einzustellen.
Dabei ging es um die Versuche des Rechtspopulisten, durch die Lüge vom Wahlbetrug seine Niederlage 2020 zu kippen, und um seine Rolle bei der Erstürmung des Kapitols durch seine radikalen Anhänger am 6. Januar 2021. Der 6. Januar gilt als eine der dunkelsten Stunden in der Geschichte der US-Demokratie, Trump war unter anderem wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten angeklagt.
Obwohl das Verfahren eingestellt wurde, will das Justizministerium den Bericht von Sonderermittler Smith noch vor Trumps Amtsantritt am 20. Januar veröffentlichen.
Dieser könnte neue, für Trump unangenehme Informationen enthalten - die Versuche seiner Anwälte, die Veröffentlichung zu verhindern, wurden vom Ministerium zurückgewiesen. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, nach dem Ende von Trumps zweiter Amtszeit 2029 den Fall wieder aufzugreifen.
Lagerung geheimer Regierungsdokumente in Mar-a-Lago
Auch dieses Verfahren wurde mit dem Verweis auf die seit der Watergate-Affäre übliche Praxis des Justizministeriums eingestellt, amtierende Präsidenten nicht strafrechtlich zu verfolgen.
Trump war in diesem ebenfalls auf Bundesebene angesiedelten Fall angeklagt, nach dem Ende seiner ersten Amtszeit geheime Regierungsakten in seinem Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida gelagert zu haben. Der Sonderermittler Smith geht in dem Fall allerdings weiterhin gegen zwei Mitarbeiter Trumps vor, weshalb sein Bericht zu diesem Verfahren nicht veröffentlicht wird.
Vertagung des Verfahrens in Georgia
In dem Südstaat wurde Trump gemeinsam mit mehreren weiteren Personen wegen seiner Versuche angeklagt, seine Wahlniederlage 2020 zu kippen.
Trump musste im Gefängnis von Atlanta erscheinen, wo ein berühmt gewordenes Polizeifoto von dem Republikaner entstand. Als Präsident kann er das Verfahren in Georgia nicht einstellen lassen, aber mindestens für die Dauer seiner Amtszeit liegt es erst einmal auf Eis.
Seine Anwälte erreichten überdies, dass die Staatsanwältin in dem Fall wegen Fehlverhaltens abgezogen werden muss.
Schweigegeld an einen Pornostar
In dem New Yorker Prozess war Trump im Mai von einer Jury in 34 Anklagepunkten schuldig gesprochen worden, eine vor seinem Wahlsieg 2016 getätigte Schweigegeldzahlung an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels in Höhe von 130.000 Dollar per Fälschung von Geschäftsdokumenten vertuscht zu haben.
Daniels war trotz des Schweigegelds später an die Öffentlichkeit gegangen und hatte über eine Sexaffäre mit dem verheirateten Trump berichtet, die dieser bestritt.
Die Anklage geht davon aus, dass die verdeckte Zahlung Trumps Chancen auf einen Wahlsieg verbessern sollte.
Trump hat bereits angekündigt, auch nach der Verkündung des Strafmaßes weiter das Verfahren anzufechten und dessen Einstellung erwirken zu wollen. Nur wenn dies gelänge, wäre er kein verurteilter Straftäter mehr.
Justiz als Waffe im politischen Nahkampf
Als New Yorker Immobilienmogul führte Trump zahlreiche Prozesse, um mit Hilfe der Justiz seine Geschäftsinteressen durchzusetzen.
Als Politiker sieht Trump in den gegen ihn gerichteten Strafverfahren die Machenschaften seiner politischen Gegner, denen er vorwirft, das Justizministerium "als Waffe einzusetzen".
Mit dem Wiedereinzug ins Weiße Haus will sich Trump seinerseits dieser Waffe bedienen. In Pam Bondi für das Amt der Justizministerin und Kash Patel für den Posten des Chefs der US-Bundespolizei FBI hat er ihm ergebene Gefolgsleute nominiert, die ihn auf Schlüsselpositionen bei der Durchsetzung seiner Pläne unterstützen sollen.
Angekündigt hat Trump unter anderem die Begnadigung von wegen der Erstürmung des Kapitols verurteilten Anhängern, die er als "Geiseln" bezeichnet.
"Wenn ich gewinne, werden die Leute, die betrogen haben, die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen", drohte Trump im Wahlkampf. Dies schließe "lange Gefängnisstrafen" ein.
ju/kas
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