Einigung in weiter Ferne: Tarifparteien bei Bund und Kommunen weit auseinander
(AFP) Mülltonnen quellen über, Kitas machen dicht, Busse und Bahnen bleiben stehen, an Flughäfen geht nichts mehr: Seit Mitte Februar machen Gewerkschaften mit mehrwöchigen Warnstreiks Druck in der Tarifrunde des öffentlichen Diensts. Ob nun eine Einigung gelingt oder aber der Streit bei Bund und Kommunen wie vor zwei Jahren Richtung Schlichtung oder gar Urabstimmung und Streiks eskaliert, wird sich bei der dritten Verhandlungsrunde entscheiden, die am Freitag in Potsdam beginnt.
Die Gewerkschaften Verdi und Deutscher Beamtenbund fordern für die rund zweieinhalb Millionen angestellten Beschäftigten acht Prozent, monatlich jedoch mindestens 350 Euro mehr Geld sowie zusätzlich drei freie Tage und höhere Schichtzulagen.
Bislang stocken die Gespräche am Verhandlungstisch.
Die Arbeitgeber – der Bund und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) - legten noch kein Angebot vor. Arbeitsgruppen bemühen sich hinter verschlossenen Türen bisher ohne durchschlagenden Erfolg, an jede der mehr als zwei Dutzend Gewerkschaftsforderungen ein Preisschild als Grundlage für Verhandlungen zu pinnen.
Die VKA-Präsidentin und Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) steht dabei vor einer der größten Herausforderungen der Tarifrunde.
Sie muss zunächst die widerstrebenden Interessen von bundesweit mehr als zehntausend kommunalen Arbeitgebern einen, um zu gemeinsamen Verhandlungspositionen zu finden. Ein Teil finanziell bessergestellter Kommunen zahlt bereits Zuschläge auf die Tariftabelle, um freie Stellen überhaupt noch besetzen zu können.
Andere Kommunen sind hingegen längst am Boden des Stadtsäckels angekommen und müssen Dienstleistungen wie Bäder oder den öffentlichen Nahverkehr einschränken.
Ihnen geht das Geld aus. Vor allem kaum noch solvente ostdeutsche Kommunen dringen auf einen Tarifabschluss, der ihre leeren Kassen nicht über die inflationsbedingt steigenden Einnahmen hinweg belastet.
Mit den Worten "keinerlei Annäherung und keinerlei positives Signal" bilanziert Verdi-Verhandlungsführer Frank Werneke "einen sehr enttäuschenden Verhandlungsverlauf".
Verdi und der Beamtenbund konnten die Arbeitgeberseite nicht zu einem Verhandlungsangebot bewegen.
Sollte es Mitte März keine Einigung geben, stehen die Zeichen auf Eskalation. "Sie können sicher sein, dass wir auf solche Szenarien vorbereitet sind", führte Werneke aus und ergänzte: "Eigentlich sollten auch die öffentlichen Arbeitgeber wissen, dass wir handlungsfähig sind im öffentlichen Dienst, aber offensichtlich ist es notwendig, das erneut unter Beweis zu stellen."
Nach Wahrnehmung von Verdi und Beamtenbund stehen eher die Kommunen denn der Bund in den Verhandlungen auf der Bremse.
Die Gewerkschaften treten mit einer Laufzeitforderung des Tarifvertrags für zwölf Monate an, die Arbeitgeber wollen für drei Jahre abschließen.
"In den drei Jahren wollen sie mehr oder weniger nichts bezahlen - und selbst dieses mehr oder weniger Nichts waren sie nicht in der Lage zu quantifizieren", resümiert Werneke.
Einige Landesorganisationen der kommunalen Arbeitgeber hätten eine komplette Nullrunde beschlossen - "und ungefähr da ist der Vorstellungshorizont der kommunalen Arbeitgeber".
Nach Zählung der Gewerkschaften ist in zahlreichen öffentlichen Verwaltungen längst Land unter, weil sich für die öffentlichen Entgelte im Wettbewerb mit privaten Arbeitgebern oft keine Bewerber mehr finden lassen.
Hunderttausende Stellen seien nicht besetzt, Beschäftigte schöben mehr als 70 Millionen Überstunden vor sich her, zählen Verdi und Beamtenbund auf.
Die Kommunen hoffen dennoch, in der dritten Verhandlungsrunde zu einem Ergebnis zu kommen. Die Gesamtkosten, die sie bei einem Tarifabschluss aufbringen müssen, sind die entscheidende Kennzahl, mit der Welge versuchen muss, zunächst einmal die Kommunen zu einigen, bevor sie die Einigung mit den Gewerkschaften angehen kann.
Acht Prozent mehr Geld für zweieinhalb Millionen Beschäftigte - allein das summiert sich nach Rechnung der Arbeitgeber auf mehr als zehn Milliarden, zuzüglich freie Tage gar auf 15 Milliarden Euro.
Kommunen schieben nach eigener Zählung fast 160 Milliarden Euro Schulden und zudem 186 Milliarden Euro Investitionsstau vor sich her.
Das Ziel der Kommunen lautet, Kaufkraftverluste für die Beschäftigten zwar auszugleichen, aber keine Kaufkraftgewinne zu finanzieren. Zudem sperren sich die Arbeitgeber angesichts der hohen Zahl unbesetzter Stellen dagegen, die Arbeitszeit weiter zu flexibilisieren und so neue Löcher aufzureißen.
Sollte eine Einigung nicht klappen, kann jede Tarifpartei den Schlichter anrufen - wie vor zwei Jahren, als erst die Schlichtung den Durchbruch am Verhandlungstisch brachte.
jfx/cfm
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