Trumps Drohung rückt Unabhängigkeit ins Zentrum der Wahl in Grönland
(AFP) Die Frage nach der Unabhängigkeit dominiert die Parlamentswahl am Dienstag in Grönland - erst recht nach den Übernahme-Drohungen von US-Präsident Donald Trump. Es herrscht auf der arktischen Insel weitgehend Einigkeit, dass sie sich von Dänemark lösen will.
Strittig ist, wann und wie Grönland zu einem unabhängigen Land wird - ohne Gefahr zu laufen, von den USA annektiert zu werden.
Die Trump-Drohung, Grönland notfalls mit Gewalt den Vereinigten Staaten einzuverleiben, hat die Unabhängigkeitsbestrebungen vor Ort beflügelt.
57.000 Menschen leben auf der größten Insel der Welt. Sie wollten weder Dänen noch US-Bürger sein, sondern einfach Grönländer, sagen viele von ihnen.
"Donald Trump hat die Frage der Unabhängigkeit gewissermaßen wieder aufgeworfen", sagt die Politikwissenschaftlerin Maria Ackrén von der Universität Grönland.
"Für die Grönländer ist das Thema nichts Neues." Aber Trump gebe "den Entscheidungsträgern und Politikern in Grönland nun den Elan, vielleicht Ziele zu erreichen, die bisher nicht möglich waren".
Seit 1979 ist Grönland in vielen Bereichen autonom, doch beispielsweise über Außen- und Verteidigungspolitik entscheidet immer noch die ehemalige Kolonialmacht Dänemark.
Ein Gesetz von 2009 ermöglicht es den Grönländern theoretisch, die vollständige Loslösung in Gang zu setzen. Dazu wäre ein Abkommen mit Kopenhagen notwendig, dem das dänische Parlament zustimmen müsste.
Nahezu alle politischen Parteien in Grönland wollen, dass das riesige, dünn besiedelte Eisgebiet - 50 Mal größer als Dänemark - eigenständig wird.
Doch beim Zeitplan haben die Politiker, die um die 31 Sitze im Parlament kämpfen, ganz unterschiedliche Vorstellungen.
Zu den Ungeduldigsten gehört die oppositionelle nationalistische Partei Naleraq, die den Unabhängigkeitsprozess schnell einleiten will. In ein bis zwei Legislaturperioden, die in Grönland vier Jahre dauern, könnte es vielleicht schon soweit sein, sagt Juno Berthelsen, einer der bekanntesten Kandidaten der Partei.
Die beiden Parteien der scheidenden Koalitionsregierung - die links-grüne Inuit Ataqatigiit von Regierungschef Mute Egede und die sozialdemokratische Siumut - haben es weniger eilig.
Ihrer Meinung nach muss Grönland vor der Unabhängigkeit eine gewisse wirtschaftliche Eigenständigkeit erreichen.
Derzeit machen die jährlich 530 Millionen Euro Subventionen aus Dänemark noch ein Fünftel des grönländischen Bruttoinlandsproduktes aus. Im eisigen Boden Grönlands lagern wertvolle Rohstoffe, die die Grundlage für eine unabhängige Wirtschaft bilden könnten, doch noch werden sie kaum abgebaut.
"Zehn, 20 oder noch mehr Jahre" werde es noch bis zur Unabhängigkeit dauern, schätzt die Sozialdemokratin Aaja Chemnitz, eine der beiden Vertreterinnen Grönlands im dänischen Parlament.
"Es ist wichtig, über die wirtschaftliche Entwicklung Grönlands zu sprechen und zu sehen, wie wir sie viel nachhaltiger gestalten können."
Siumut-Chef Erik Jensen ärgert sich darüber, dass das Thema der Unabhängigkeit zumindest in den ausländischen und dänischen Medien die Fragen des täglichen Lebens der Menschen in den Schatten gestellt hat.
"Die Unabhängigkeit ist auch ein wichtiger Aspekt unseres Programms, aber hier in Grönland sprechen alle über Gesundheit, Schulen und Kindergärten", sagt der scheidende Finanzminister.
Die vielen Baukräne in der Hauptstadt Nuuk zeugen von der Modernisierung des Landes.
Doch auch die soziale Misere ist mit bloßem Auge erkennbar - und sie spiegelt sich in den Statistiken wider: Grönland hat eine der höchsten Selbstmordraten der Welt, es gibt mehr Abtreibungen als Geburten und die Männer haben eine Lebenserwartung von nicht einmal 70 Jahren.
In den windigen Straßen von Nuuk schwanken die Einwohner zwischen dem Wunsch nach Unabhängigkeit und wirtschaftlichem Realismus.
"Wir müssen erst einmal darüber nachdenken, wie wir bei Lebensmitteln und Kraftstoff autark werden können, denn alles, was wir haben, kommt aus dem Ausland", sagt Ole Moeller, der in einem Transportunternehmen arbeitet.
Die Subventionen aus Dänemark "halten uns in diesem Gefängnis fest", beklagt der Unternehmer Peter Jensen.
"Aber natürlich wollen wir unabhängig sein, denn wir werden als Bürger zweiter Klasse betrachtet."
sp/jes
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