Zur syrischen Opposition übergelaufener Ex-Diplomat der Assad-Regierung getötet
(AFP) Ein ehemaliger syrischer Diplomat, der unter der Regierung des gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad zur Opposition übergelaufen war, ist Aktivisten zufolge zusammen mit seinem Bruder im Süden des Landes erschossen worden. Bewaffnete Männer seien am Dienstagabend in das Haus von Nureddin al-Labbad in der rund 50 Kilometer südlich von Damaskus gelegenen Stadt al-Sanamayn eingedrungen und hätten das Feuer auf ihn und seinen Bruder eröffnet, erklärte die Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch.
Bei dem Angriff seien außerdem Granaten explodiert und mehrere Autos in Brand gesetzt worden.
Im Anschluss seien die Bewaffneten geflohen.
Die Beobachtungsstelle erklärte, al-Labbad sei zwei Wochen zuvor aus Frankreich nach Syrien zurückgekehrt. In Frankreich habe er die Nationale Syrische Koalition vertreten - einen Zusammenschluss von Oppositionskräften, deren Ziel der Sturz Assads war.
Al-Labbad hatte nach Angaben der Beobachtungsstelle 2013 seinen Posten im Außenministerium aufgegeben, um sich der Opposition anzuschließen.
Die Sicherheitskräfte verhängten nach dem Angriff in al-Sanamayn eine Ausgangssperre, wie ein AFP-Journalist berichtete. Die Ausgangssperre wurde am Morgen wieder aufgehoben.
Im Onlinedienst Telegram verbreitete Videos zeigen, wie bewaffnete Männer ein Gebäude stürmen, bei dem es sich angeblich um das Haus al-Labbads handelt.
Die Aufnahmen konnten von AFP nicht unabhängig geprüft werden.
Die genaueren Umstände der Tötung des ehemaligen Diplomaten sowie mögliche Motive dafür waren zunächst nicht bekannt. In den vergangenen Monaten, insbesondere seit dem Sturz Assads im Dezember, war es immer wieder zu Gewalt zwischen ethnischen Gruppen oder Racheakten gekommen.
In den vergangenen Tagen waren bei den bisher heftigsten Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Assad-Anhängern im Westen des Landes hunderte Menschen getötet worden.
Aktivisten sprachen von Hinrichtungen an Alawiten und gaben die Zahl der seit Donnerstag getöteten Zivilisten am Mittwoch mit 1383 an. Die Kämpfe ereigneten sich in Regionen, in der vorwiegend Angehörige der religiösen Minderheit der Alawiten leben, der auch Assad angehört.
Am Montag erklärte die syrische Übergangsregierung den Militäreinsatz für beendet.
Sie setzte eine Untersuchungskommission ein, welche die Gewalt im Westen des Landes untersuchen soll.
Die Europäische Union begrüßte am Mittwoch diesen Schritt. Es müsse alles getan werden, um zu verhindern, "dass sich solche Verbrechen wiederholen", hieß es in einer Erklärung der 27 Mitgliedstaaten.
Die EU-Länder verurteilen demnach "die Angriffe der Pro-Assad-Milizen auf die Sicherheitskräfte" ebenso wie "die schrecklichen Verbrechen gegen Zivilisten, einschließlich der Hinrichtungen, die angeblich von bewaffneten Gruppen begangen wurden, welche die Sicherheitskräfte der Übergangsbehörden unterstützen".
Es sind die folgenschwersten Angriffe seit dem Sturz von Assad durch die islamistische HTS-Miliz und mit ihr verbündeter Gruppen am 8. Dezember.
Nach einem 14 Jahre langen Bürgerkrieg unter Assad versucht der neue Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa, seine Autorität in dem Land durchzusetzen.
Die neue syrische Führung hat wiederholt versichert, die Minderheiten im Land schützen zu wollen. Die Alawiten fürchten jedoch Vergeltungsmaßnahmen gegen ihre Gemeinschaft - sowohl als religiöse Minderheit als auch wegen ihrer Treue zur Assad-Familie.
Die HTS ist aus der Al-Nusra-Front, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, hervorgegangen.
Sie wird vom Westen weitgehend als "Terrororganisation" eingestuft - auch wenn sie versucht, sich ein neues, gemäßigtes Image zu geben.
kbh/bfi
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