Die Pflegeversicherung steht vor großen Herausforderungen
(AFP) Die gesetzliche Pflegeversicherung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: immer mehr Pflegebedürftige, zu wenig Pflegekräfte und Milliardendefizite. Die schwarz-rote Bundesregierung plant deshalb "eine große Pflegereform".
Die Grundlage dafür soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe schaffen, die sich am Montag zum ersten Mal trifft. Ein Überblick zur Pflegeversicherung und den Problemen:
Wie funktioniert die Pflegeversicherung in Deutschland?
Die Pflegeversicherung gehört wie die Kranken- und die Rentenversicherung zur Sozialversicherung. Dabei gilt eineVersicherungspflicht: Gesetzlich Versicherte sind automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert, privat Versicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen.
Arbeitgeber und Arbeitnehmern zahlen paritätisch Beiträge in die gesetzliche Pflegeversicherung ein: Dies sind bundesweit - bis auf Sachsen - jeweils 1,8 Prozent des Bruttolohns.
Für Kinderlose gibt es noch einen Zuschlag von 0,6 Prozent, den nur die Arbeitnehmer zahlen.
Von der Versicherung bekommen Pflegebedürftige dann Leistungen bezahlt, die unter anderem vom Pflegegrad und der Art der Pflege abhängen. Die soziale Pflegeversicherung ist dabei explizit als Teilversicherung angelegt: Sie übernimmt nur einen Teil der Kosten zum Beispiel für die Unterbringung in einem Pflegeheim.
Den Rest, die sogenannten Eigenanteile, müssen die Betroffenen oder deren Angehörige selbst bezahlen.
Welche Probleme gibt es?
Dem Medizinischen Dienst des Bundes zufolge erhielten Ende 2024 rund 5,6 Millionen Menschen Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung.
Die Zahl der Pflegebedürftigen hat sich damit in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Und der Anstieg dürfte noch weitergehen: Schätzungen des Statistischen Bundesamts gehen von bis zu 7,6 Millionen Pflegebedürftigen im Jahr 2055 aus.
Dafür verantwortlich sind sowohl die demografische Entwicklung als auch - nach einer Reform im Jahr 2017 - eine breitere Erfassung von Pflegebedürftigen.
Die Folge sind enorm gestiegene Ausgaben der gesetzlichen Pflegeversicherung: Diese kletterten von rund 24 Milliarden Euro 2013 auf mehr als 59 Milliarden 2023.
Die Einnahmen können dem nicht folgen, sodass die Pflegeversicherung bereit mehrfach hohe Defizite verzeichnete.
Im vergangenen Jahr lag dieses bei 1,65 Milliarden Euro. 2026 könnte es laut Bundesrechnungshof bereits bei 3,5 Milliarden Euro liegen, 2029 bei 12,3 Milliarden Euro.
Zum ersten Januar stieg deshalb bereits der Pflege-Beitragssatz um 0,2 Prozentpunkte.
Immer mehr Bedürftige und gleichzeitig zu wenig Pflegekräfte: Bis 2034 könnten bis zu 500.000 Pflegerinnen und Pfleger fehlen, warnte schon der Deutsche Pflegerat. Zugleich stieg in den letzten Jahren die Bezahlung der Pflegekräfte.
Unter anderem dies hat die Eigenanteile kräftig steigen lassen, die Betroffene oder deren Angehörige für die Unterbringung im Pflegeheim bezahlen müssen - auf teilweise bis zu 3000 Euro monatlich.
Was plant die Koalition?
Der Bund will die gesetzliche Pflegeversicherung kurzfristig mit Milliardendarlehen stabilisieren: 2025 mit 0,5 Milliarden Euro und 2026 mit 1,5 Milliarden Euro.
Dadurch sollen Beitragserhöhungen verhindert werden. Trotz diesen Finanzspritzen werden aber Lücken in Milliardenhöhe erwartet.
Die Darlehen seien deshalb nur Nothilfen, betonte Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bereits.
Langfristig brauche es Strukturreformen. Als "eine Brücke" zu langfristigen Lösungen sieht auch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) die Darlehen.
Union und SPD wollen laut Koalitionsvertrag "eine große Pflegereform" angehen.
Die Grundlagen dafür soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit dem Titel "Zukunftspakt Pflege" erarbeiten. Ein erstes Treffen ist am Montag geplant, ein entsprechendes Gesetz soll nach dem Jahreswechsel kommen.
Was fordern Verbände und Opposition?
Die Kassen kritisieren vor allem die Darlehen des Bunds als nicht nachhaltig. Damit werde "das Finanzierungsproblem nicht gelöst, sondern nur in die Zukunft verschoben", erklärte beispielsweise der Chef des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), Oliver Blatt.
"Eine Atempause" für die soziale Pflegeversicherung fordert auch der AOK-Bundesverband.
Statt "eines unzureichenden Darlehens" müssten in der Corona-Pandemie angefallene Pflege-Zusatzkosten erstattet werden, anschließend brauche es Strukturreformen.
Eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze, damit Besserverdienende mehr an der Finanzierung der Pflegeversicherung beteiligt werden, schlägt die Diakonie vor. Weniger Bürokratie und die schnellere Zahlung von Pflegeleistungen fordert die Caritas.
Die Linkspartei will eine Pflegevollversicherung, die alle Pflegekosten übernimmt.
Ministerin Warken betonte aber bereits, dass die gesetzliche Pflegeversicherung auch künftig nicht alle Kosten tragen werden könne.
awe/mt
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