Im Alleingang zu Neuwahlen: Frankreichs Präsident Macron droht Machtverlust
(AFP) Bei seiner Wahl 2017 zum Präsidenten Frankreichs war Emmanuel Macron mit dem Versprechen angetreten, den Wählern keinen Grund mehr zu geben, Rechtspopulisten zu wählen. Heute steht der Rassemblement National (RN) näher an der Macht als je zuvor.
Die Vorstellung, dass Macron die RN-Politikerin Marine Le Pen eines Tages auf dem roten Teppich vor dem Elysée in Paris empfängt, ihr sein Amt und die Codes für die Atombombe übergibt, haben in Frankreich immer mehr Menschen vor Augen - ein Ziel für die einen, ein Albtraum für die anderen.
Aber noch ist es nicht soweit, und Macron ist in seiner bisherigen Laufbahn schon öfter mit dem Kopf durch die Wand gegangen, um etwas scheinbar Aussichtsloses am Ende doch noch zu erreichen.
So war er schon als Jugendlicher entschlossen, eine Lehrerin seiner Schule zu heiraten, in die er sich in deren Theater AG verliebt hatte. Das Ergebnis ist bekannt.
Emmanuel und Brigitte Macron bilden bis heute ein unkonventionelles Powerpaar.
Als Macron mit 39 Jahren Präsident wurde, hatte er eine Blitzkarriere hinter sich: Er hatte die Elitehochschulen SciencesPo und ENA besucht, war Investmentbanker bei Rothschild gewesen und von seinem Vorgänger François Hollande zum Wirtschaftsminister ernannt worden.
Macron kam in das höchste Staatsamt, ohne einen Parteiapparat hinter sich zu haben und ohne je in ein öffentliches Amt gewählt worden zu sein.
Er profitierte davon, dass die beiden Volksparteien sich gerade selber zerlegten und er im Wortsinn ab durch die Mitte marschierte.
"En Marche" hieß seine Bewegung, die das Marschieren im Namen trug und deren Kürzel EM nicht zufällig dasselbe war wie das seines Namens. Es war bereits ein Hinweis auf Macrons Regierungsstil, der vieles im Alleingang angehen und durchsetzen sollte.
Auch die Europäische Hymne, die seinen Amtsantritt im Hof des Louvre begleitete, war programmatisch: Kaum ein Politiker hat sich in den vergangenen Jahren so leidenschaftlich für Europa engagiert wie Macron.
Seine Sorbonne-Rede, in der er kurz nach Amtsantritt eine gemeinsame Industrie- und Verteidigungspolitik forderte, hallt bis heute nach. Der Ukraine-Krieg verlieh ihr eine dramatische Aktualität.
Macron erkämpfte sich schnell seinen Platz auf der internationalen Bühne, übte sich im Händequetschen mit US-Präsident Donald Trump und versuchte, den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem Prunk von Versailles zu beeindrucken.
Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzte Macron trotz der deutschen Angst vor gemeinsamen Schulden das riesige Corona-Wiederaufbaupaket durch.
Innenpolitisch stieß Macron mit seinem Reformeifer immer wieder auf Widerstand in der Bevölkerung. Von den Protesten der Gelbwesten gegen hohe Benzinpreise bis zu den Demonstrationen gegen die Rentenreform brach sich eine wachsende Abneigung gegen die Person des Präsidenten Bahn.
Gerade bei denen, die sich abgehängt und als Globalisierungsverlierer fühlen, eckt Macron immer wieder mit arroganten Bemerkungen an.
Mehrfach gelobte er in den vergangenen Jahren Besserung. Doch seine Überzeugungskraft hat erheblich nachgelassen.
Am Verhältnis zu Deutschland liegt Macron viel, das hat er kürzlich erst mit seinem Staatsbesuch gezeigt.
Allerdings konnte er mit Merkel besser als mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SOD), was wohl auch ein Grund ist, warum das deutsch-französische Duo auf EU-Ebene keine große Strahlkraft mehr hat.
Seine Wiederwahl 2022 verdankte Macron noch einem Reflex vieler Wähler, die Rechtspopulistin Le Pen verhindern zu wollen.
Dieser Reflex scheint mittlerweile vergessen. Der Wahlsieg des RN bei der Europawahl am 9. Juni war für Macron ein so großer Schock, dass er sich zu einer Handlung entschlossen hat, die er möglicherweise bereuen wird.
Ohne auch nur seinen Premierminister Gabriel Attal ins Vertrauen zu ziehen, löste er die Nationalversammlung auf und rief Neuwahlen aus.
Es war eine starke, Macron-typische Geste, inspiriert von Trotz und maßlosem Selbstvertrauen, die Lage wieder in den Griff zu bekommen.
Möglicherweise hat er sich dabei jedoch verrechnet. Bei der kommenden Präsidentschaftswahl 2027 wird Macron nicht mehr antreten können.
Falls er bis dahin nicht selber zurücktritt, droht ihm ein zunehmender Einflussverlust. Oder, wie die Zeitung "Libération" am Tag nach der Europawahl titelte: "Emmanuel wer?"
kol/ju
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