Frankreichs "republikanische Front" gegen Rechtsaußen hat gehalten
(AFP) Die mühsam aufgebaute "republikanische Front" gegen Rechtsaußen hat gehalten: Frankreichs Wählerinnen und Wähler haben eine Regierungsübernahme der Rechtspopulisten in der zweiten Runde der Parlamentswahl verhindert. Der Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen hat zwar die Zahl seiner Abgeordneten von 88 auf etwa 140 erheblich gesteigert, kommt aber nur auf den dritten Platz.
Es ist ein kräftiger Dämpfer für die Rechtspopulisten nach den vergangenen Tagen, in denen Parteichef Jordan Bardella bereits selbstbewusst wie ein designierter Premierminister aufgetreten war.
"Die Flut steigt. Sie ist dieses Mal nicht hoch genug gestiegen, aber sie steigt weiter und deshalb ist unser Sieg nur aufgeschoben", sagte Le Pen.
Riesiger Jubel herrschte unterdessen bei der Neuen Volksfront: Entgegen fast allen Umfragen lag das links-grüne Wahlbündnis am Ende überraschend vorn und kommt auf etwa 180 Abgeordnete.
Die genauen Zahlen schwanken, weil die Zugehörigkeit mancher gewählter Kandidaten nicht eindeutig ist.
Der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon forderte umgehend die Regierungsverantwortung für die Neue Volksfront, zu der auch Sozialisten und Grüne zählen. "Wir sind bereit", sagte er unter dem Jubel seiner Anhänger.
Allerdings sind die Linken noch weit davon entfernt, sich auf einen möglichen Kandidaten für das Amt des Premierministers zu einigen.
Vertreter des Regierungslagers dachten schon am Wahlabend laut über ein "Abkommen mehrerer Gruppen" nach. Diejenigen, die am ehesten dafür in Frage kämen, schlugen dies jedoch umgehend aus.
Sowohl die Sozialisten als auch die übrig gebliebenen Republikaner - die nicht mit Parteichef Eric Ciotti zum RN übergelaufen sind - lehnten eine Zusammenarbeit ab.
Präsident Emmanuel Macron, der mit der Neuwahl "Klarheit" schaffen wollte, hat das Gegenteil erreicht: Keines der drei Lager kann derzeit eine regierungsfähige Mehrheit zusammenbekommen.
Zudem sind alle drei untereinander so verfeindet, dass Koalitionsverhandlungen nach deutschem Vorbild so gut wie undenkbar sind.
Premierminister Gabriel Attal will am Vormittag seinen Rücktritt einreichen. Es kann aber gut sein, dass Macron ihn vorläufig im Amt belässt, um die Regierungsumbildung auf die Zeit nach dem Nato-Gipfel und den Olympischen Spielen zu verschieben.
Denkbar ist auch, dass Macron anschließend einen unabhängigen Experten zum Premierminister ernennt, nach dem Vorbild von Mario Draghi in Italien.
Wen Macron auch immer zum Regierungschef macht - große Reformen sind in der verbleibenden Amtszeit des Präsidenten bis 2027 wohl nicht mehr drin.
Es drohen zahlreiche Misstrauensvoten, die das Regieren erheblich erschweren dürften. Macron ist wohl endgültig im Stadium der "lahmen Ente" angekommen - und das selbst verschuldet und ohne Not, denn die Auflösung der Nationalversammlung war die Entscheidung "eines einzelnen Mannes" gewesen, wie Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bitter bemerkte.
Letztlich könnte dieses Ergebnis den Rechtspopulisten in die Hände spielen, die ihr Störpotenzial in der Nationalversammlung mit ihrer erstarkten Fraktion voll ausschöpfen dürften.
Der RN nutzt die Frustration seiner Wähler, die den Wahlsieg greifbar vor Augen sahen und nun der Regierung vorwerfen, ihn "geraubt" zu haben - indem sich viele Kandidaten taktisch zurückgezogen haben und so in der Stichwahl den Sieg eines RN-Kandidaten verhinderten.
Enttäuschung und Wut auf "das System" sind vermutlich ein guter Nährboden, um die Wählerbasis auszubauen.
Die künftige Fraktionschefin Marine Le Pen könnte versuchen, Macron den Rücktritt nahezulegen. Falls die 2027 anstehende Präsidentschaftswahl vorgezogen werden sollte, wäre sie vermutlich diejenige, die am besten vorbereitet wäre.
"Ich habe zu viel Erfahrung, um von einem Ergebnis enttäuscht zu sein, bei dem wir unsere Anzahl an Abgeordneten verdoppeln", sagte Le Pen am Wahlabend.
Macron hat einen Rücktritt mehrfach ausgeschlossen. Aber es ist auch nicht lange her, dass er beteuerte, die Europawahl würde keine Konsequenzen für die nationale Politik haben.
Wenig später löste er die Nationalversammlung auf.
Für Deutschland und Europa bedeutet das Wahlergebnis, dass von Frankreich auf internationaler Ebene vorläufig vermutlich nicht viel zu erwarten ist. Macron dürfte am Mittwoch beim Nato-Gipfel in Washington sein Bestes geben, um seine Partner vom Gegenteil zu überzeugen.
Aber mit einer Nationalversammlung im Rücken, die über den Haushalt abstimmt und sämtliche Reformpläne torpedieren kann, wird ihm das nicht leichtfallen.
kol/ju
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