Ein Transatlantiker tritt ab: US-Präsident Biden auf Abschiedsbesuch in Deutschland
(AFP) Auf den letzten Metern der Amtszeit noch einmal eine Stippvisite beim treuen Verbündeten: Der scheidende US-Präsident Joe Biden ist am späten Donnerstagabend zu einem Kurzbesuch in Deutschland eingetroffen. Am Freitag trifft er in Berlin unter anderen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Zweieinhalb Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl markiert der Deutschland-Besuch des 81-Jährigen zugleich den Abschied von einem Transatlantiker der alten Schule.
Als Joseph R. Biden am 20. Januar 2021 den Eid als 46. Präsident der Vereinigten Staaten ablegte, war bei vielen Verbündeten ein Aufatmen zu vernehmen: Donald Trump war abgewählt, schien Geschichte zu sein.
Biden machte mit einer Reihe von Dekreten die Verfügungen seines Vorgängers rückgängig. Die USA kehrten ins Pariser Klimaabkommen zurück, legten den Handelskonflikt mit der Europäischen Union bei und auch die Anordnung Trumps, einen Teil der US-Streitkräfte aus Deutschland abzuziehen, wurde gestoppt.
Ein Jahr später, nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022, übernahmen die USA unter Biden die Führungsrolle bei der Unterstützung des Landes, und die in Europa stationierten US-Truppen wurden zur Sicherung der Nato-Ostflanke verstärkt.
Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte vor kurzem, der Präsident wolle in den letzten Monaten seiner Amtszeit die Ukraine "in die bestmögliche Lage bringen, um sich durchzusetzen".
Deshalb hatte Biden seinen Deutschland-Besuch ursprünglich auch für einen Gipfel der Ukraine-Kontaktgruppe nutzen wollen.
Doch wegen des Hurrikans "Milton" sagte der US-Präsident die für vergangene Woche geplante mehrtägige Visite in Berlin und Ramstein ab und holt sie nun deutlich verkürzt nach: Nach weniger als 24 Stunden in Berlin will er am Freitag bereits wieder abreisen.
Immerhin bleibt noch Zeit für ein Treffen im sogenannten Quad-Format mit Scholz, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer.
Dabei geht es außer um den Nahost-Konflikt vornehmlich um die Unterstützung der Ukraine bei der Abwehr des russischen Angriffskriegs.
Sollte Trump bei der US-Präsidentschaftswahl in zweieinhalb Wochen das Comeback schaffen, muss die Ukraine um die weitere Unterstützung durch die größte Militärmacht der Welt fürchten.
Während Biden den russischen Präsidenten einen "Killer" und "Kriegsverbrecher" nennt, kommt Trump nach eigenen Worten mit Wladimir Putin "großartig" zurecht.
Zu gerne wäre Biden noch einmal in den Ring gestiegen - schließlich war er es gewesen, der 2020 Trump besiegte.
Trotz seiner mittlerweile 81 Jahre hielt er sich noch immer für den am besten geeigneten Kandidaten, um den politischen Wiedergänger erneut zu schlagen.
Aber Biden ignorierte die für alle deutlich erkennbaren Anzeichen der Altersschwäche. Als er am 27. Juni im TV-Duell gegen den Rechtspopulisten den Faden verlor, seine Sätze nicht zu Ende brachte und scheinbar geistesabwesend vor sich hinstarrte, leitete dies sein politisches Aus ein.
Unter dem wachsenden Druck seiner Partei verzichtete Biden knapp einen Monat später auf die Kandidatur, noch nie zuvor war ein US-Präsident so kurz vor der Wahl aus dem Rennen ausgestiegen.
Biden mag dies als persönliche Niederlage empfunden haben. Denn lange hatte er sich gesträubt zu akzeptieren, dass dies "im besten Interesse des Landes" sei - Worte, mit denen er dann seinen Verzicht begründete.
Biden blickt auf eine lange Politiker-Karriere zurück, in deren Verlauf er jahrzehntelang als Senator, zwei Amtszeiten als Vizepräsident und am Ende als ältester Präsident der US-Geschichte amtierte.
In all den Jahren erwarb sich der gläubige Katholik den Ruf eines Politikers der Mitte, der die Fähigkeit zum politischen Ausgleich hat - und auch zum Mitgefühl mit anderen.
Genährt wurde dies durch die persönlichen Tragödien, die Bidens Weg prägten.
Im Alter von 29 Jahren verlor der junge Senator seine erste Frau und seine kleine Tochter bei einem Autounfall. 2015 starb sein ältester Sohn Beau im Alter von nur 46 Jahren an einem Hirntumor.
Sein zweiter Sohn Hunter machte ihm wegen Drogenmissbrauchs Kummer und war in den vergangenen Jahren wegen seiner Rechtsvergehen auch politisch eine Belastung.
Wenn wie geplant am 16. Dezember das Urteil gegen Hunter Biden in einem Prozess wegen Steuerhinterziehung fällt, ist Biden noch im Amt.
Theoretisch könnte er seinen Sohn dann begnadigen. Das entspricht nach eigenen Angaben aber nicht seinem Amtsverständnis.
Biden will innen- und außenpolitisch mit einer sauberen Bilanz abtreten.
ju/yb
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