2025-04-08 11:32:07
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Kanzler ohne Vertrauensvorschuss: Zweifel begleiten Merz' Weg ins Kanzleramt

(AFP) Vieles deutet darauf hin, dass die Koalitionsverhandlungen in die entscheidende letzte Phase eingetreten sind. Für CDU-Chef Friedrich Merz dürfte der Weg ins Kanzleramt bald frei sein.

Merz wird das Amt freilich mit einer schweren Bürde antreten: Demoskopen messen einen spürbaren Ansehensverlust, noch bevor der CDU-Chef überhaupt zum Kanzler gewählt ist. Der künftige Regierungschef wird verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen müssen - und sieht sich dabei einer immer stärkeren AfD gegenüber.

Die Ausgangslage für einen Kanzler Merz ist also denkbar schwierig.

"Es gab noch nie einen Kanzler, der mit so wenig Vertrauen in seinem Amt begonnen hat", sagt Politikprofessor Wolfgang Schroeder der Nachrichtenagentur AFP. "Insofern ist die Wahrscheinlichkeit, dass er kein starker Kanzler wird, sehr groß."

Als "entscheidenden Punkt" sieht Schroeder die Kehrtwende von Merz bei der Lockerung der Schuldenbremse nach der Wahl.

"Diese Wählertäuschung ist Wasser auf die Mühlen der AfD-Strategie, die ja schon lange behauptet, dass die CDU keine konservative, sondern sozialdemokratisch-grüne Politik mache", sagt der Professor. "Dabei muss man berücksichtigen: Die AfD hat die CDU zum Hauptgegner ernannt."

Wirtschaft, Migration, Haushalt: Im Wahlkampf hatte Merz einen echten Politikwechsel versprochen.

Daran muss er sich nun messen lassen. Dass CDU-Politiker am Dienstag eine Mitgliederbefragung zum Koalitionsvertrag forderten, darf auch als Ausdruck des Misstrauens gegen Parteichef Merz verstanden werden, der diesen Vertrag ja federführend aushandelt.

Tief sitzt in der CDU-Basis die Befürchtung, dass die Union der SPD in den Koalitionsverhandlungen zu weit entgegenkommt.

Zweifel an seiner Kanzlertauglichkeit hat Merz nicht ausräumen können - "im Gegenteil, das Misstrauen gegen ihn hat zugenommen", sagt Politikprofessor Schroeder.

Mit Recht kann der 69-jährige Merz sich zugute halten, die zuvor zerstrittene CDU nach seiner Wahl zum Parteichef vor drei Jahren geeint zu haben.

Doch die Geschlossenheit bekommt nun Risse.

Das weitere Erstarken der AfD, die am Wochenende erstmals in einer Umfrage mit der Union gleichzog, macht die Partei nervös. "Eine Regierung mit CDU-Kanzler, aber SPD-Inhalten wäre doch erst recht ein Konjunkturprogramm für die AfD", sagte der Chef des Nachwuchsverbands Junge Union, Johannes Winkel, der "Süddeutschen Zeitung".

Begeisterung löst die Aussicht auf eine Merz-Kanzlerschaft in der CDU nicht aus - und außerhalb der CDU ohnehin nicht.

Im ARD-"Deutschlandtrend" von vergangener Woche gaben 70 Prozent der Befragten an, mit Merz nicht zufrieden zu sein.

Die schwachen Umfragewerte lassen den Schluss zu, dass Merz zum Opfer der von ihm selbst im Wahlkampf geweckten hohen Erwartungen geworden ist.

Mit der Forderung nach einem Politikwechsel hatte er einem nach Jahren des Ampel-Verdrusses weit verbreiteten Wunsch Ausdruck gegeben.

Merz versprach dabei vieles, was er mit dem künftigen Koalitionspartner, der bislang schon regierenden SPD, so nicht umsetzen kann.

Und die AfD wartet nur darauf, Zulauf von weiteren enttäuschten CDU-Wählern zu bekommen.

Es macht die Sache für Merz nicht einfacher, dass das politische System in Deutschland wirkliche Regierungs- und Politikwechsel nur schwer möglich macht. Das Schmieden von Koalitionen nötigt den beteiligten Parteien große Kompromissbereitschaft ab, die das klare Profil dann verwässern kann.

Zudem gibt es nach Bundestagswahlen selten harte Einschnitte, weil im Normalfall mindestens eine der bislang regierenden Parteien weiterregiert - gegebenenfalls mit einem neuen Koalitionspartner.

Den letzten kompletten Regierungswechsel gab es 1998, als SPD und Grüne unter Gerhard Schröder die Koalition aus Union und FDP von Helmut Kohl ablösten.

In den laufenden Koalitionsverhandlungen peilen CDU, SPD und CSU einen Abschluss noch in dieser Woche an.

Möglicherweise weiß Merz das Stimmungstief in den Verhandlungen ja für sich zu nutzen: Mit Verweis auf den wachsenden Unmut in seiner eigenen Partei könnte er der SPD so vielleicht Zugeständnisse abringen. Seine Partei würde es ihm danken.

pw/hcy

KW

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